Lilly war mein kleines Rätsel. Im August 2021 kam sie zu mir, nachdem sie in einer Pflegestelle des ansässigen Tierschutzvereins vier Junge zur Welt brachte. Sie wurde damals auf ca. 2 Jahre geschätzt. Als man sie fand war sie krank, abgemagert und ungepflegt. Dennoch kümmerte sie sich mit viel Liebe um Ihre Kleinen, bis diese schließlich paarweise in neue Familien vermittelt werden konnten.
Bei mir angekommen brauchten wir beide eine Weile um uns aneinander zu gewöhnen. Ich hatte Bedenken, dass es ihr bei mir evtl. nicht gut gehen könnte, denn sie lebte ja immer draußen. Nach einer Weile erkannte ich aber, dass sie den Schutz meiner Wohnung sehr genoss. Sie machte niemals Anstalten wieder nach draußen zu wollen. Versuchte nie zu entwischen und blieb der Tür mit gebührendem Respekt fern. Ich glaube sie wusste das die schweren Zeiten nun vorbei waren.
Im November 2021 begann sie plötzlich Futter zu erbrechen. Immer und immer wieder. Die Diagnose beim Tierarzt: CNI. Es folgten Infusionen und Umstellung auf Diätfutter, was ihr scheinbar noch einige gute Monate bescherte. Sie spielte, frass, machte Quatsch und auch den Menschen näherte sie sich immer mehr. Lilly war zwar nie eine Schmusekatze, aber sie zeigte ihre Zuneigung auf ihre Weise.
Anfang Juni 2022 ging es ihr immer schlechter. Viele ihrer Wesensänderungen kamen schleichend, sodass sie mir zunächst nicht auffielen. Sie kam mich morgens oder nach der Arbeit nicht mehr begrüßen, spielte nicht mehr mit ihrem Bällchen und begann immer weniger zu fressen.
Es folgten viele Tierarztbesuche, bis am 04.07.2022 klar wurde, dass sie sich nicht mehr erholen wird. Ihre Nieren hatten nur noch eine Kapazität von 10% und sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Es war Zeit sie gehen zu lassen. Ich war bis zur letzten Sekunde bei ihr, kraulte ihr das Köpfchen und hoffe sie fand friedlich in den Schlaf. Einer der schlimmsten Momente in meinem Leben.
Viele wunderten sich immer, wenn ich erzählte, dass eine so junge Katze bereits mit kaputten Nieren zu kämpfen hat. Aber alles machte Sinn, als die neue Tierärztin aufgrund anderer körperlicher Faktoren darauf schloss, dass sie vermutlich viel älter war. Deshalb ist Lilly mein kleines Rätsel. Wer weiß was sie alles schon hinter sich hatte und es ist rückblickend wunderschön zu wissen, wieviel Leben ihr in diesem letzten Jahr noch vergönnt war.
Ich weiß, dass es ihr jetzt besser geht und das die Trauer vor allem daher rührt, dass es mir schwer fällt loszulassen. Lilly war eine ganz besondere Katze. So viel Persönlichkeit und so eigenwillig. So wie ich, denke ich. Ich glaube wir zwei passten wie Arsch auf Eimer, wie man so schön sagt. Und das macht es umso schwerer.
Die nächsten Tage und Wochen werden hart. Die Wohnung ist so leer. Jeder Schatten weckt die kurze Hoffnung das sie angetrottet kommt und sich auf ihren Lieblingsplatz legt. So viele Geräusche die klingen, als würde sie den nächsten Blödsinn anstellen. Lilly ist einfach überall und sie wird mich den Rest meines Lebens begleiten. Und ich weiß, aus Traurigkeit wird Dankbarkeit für die schöne Zeit werden. Aber gerade tut es einfach nur wahnsinnig weh. Sie fehlt mir so! Dieses verrückte Vieh!